LIES MAL!
Depression bei Jugendlichen – Die wichtigsten Anzeichen und wie man helfen kann
Von Sandra Meßmer
Jugendliche haben eine schwierige Zeit. Sie spüren ständig den Druck der Außenwelt, der von ihnen verlangt eine Identität zu bilden, ihr Leben sinnvoll zu gestalten,
sich an äußere und gegebene Umstände anzupassen – und dabei aber bitte immer schön einzigartig und artig zu sein.
Jetzt stell Dir bitte vor, ein Teenager hätte zusätzlich noch Depressionen – das Leben wird noch um einiges schwieriger. Selbst die einfachsten Dinge wie morgens aufzustehen
(okay, wirklich einfach ist das bei dem Schlafbedarf, den Jugendliche haben, auch nicht), den ganzen Tag über Leistung zu bringen und positive Beziehungen aufzubauen fallen unendlich schwer oder sind gar unmöglich.
Es ist relativ leicht erkennbar, wenn Jugendliche in einer depressiven Stimmung sind. Die gehört aber zum Heranwachsen in der pubertären Phase dazu, wie z. B. ...
... Mangelnde Motivation
... Desinteresse an vielen Dingen
... Mangelndes Selbstbewusstsein
... Traurigkeit
Zusätzliche Merkmale, die Anzeichen einer Depression sein können
Jugendliche zeigen aber auch eine Reihe von anderen Merkmalen, die man instinktiv vielleicht eher als ein „normales Teenager-Verhalten“ interpretieren würde, als sie einer Depression zuzuordnen. Welche Merkmale können das sein?
Reizbarkeit oder Wut
Die meiste Zeit mürrisch sein, in der Schule und bei Freunden tritt häufiger Ärger und Streit auf, schon bei der geringsten Kleinigkeit ausrasten
Riskante und süchtige Verhaltensweisen
Rauchen, Drogenkonsum, vermehrter Alkoholkonsum, unkontrolliertes Einkaufen oder Geldausgeben, übermäßiges Gamen, Ladendiebstahl, riskantes Sexualverhalten, etc.
Vergesslichkeit
Häufiger Gedächtnisverlust, ausgelöst durch Stress, der den Cortisolspiegel im Körper erhöht und die Gehirnregionen, die für das Lernen und das Gedächtnis zuständig sind, schwächt
Schmerzen und andere körperliche Beschwerden
Schmerzen, die ohne offensichtliche Ursache oder durch Behandlung nicht besser werden, wie z. B. Bauchschmerzen, Rückenschmerzen oder andere somatische Probleme
Schlechte Selbstfürsorge
Grundlegende Hygienebedürfnisse wie Zähneputzen, Duschen, saubere Kleidung werden vernachlässigt
Gewichtsveränderung
Starke Gewichtsveränderungen (Zu- oder Abnahme von mehr als 5 % des Körpergewichtes innerhalb eines Monats)
Unentschlossenheit
Konzentration, Entscheidungsfindung (sowohl kleine als auch große) und das Erledigen von Aufgaben sind beeinträchtigt und werden durch einen Kreislauf des Grübelns
oder ständigen Nachdenkens ersetzt.
Zu viel fühlen
Gefühle werden sehr intensiv und überwältigend empfunden, häufiges Schreien und / oder Weinen
Überhaupt nichts empfinden
Innere Leere, Apathie und wenig Energie werden häufig als Faulheit oder mangelnde Motivation interpretiert und lassen die Jugendlichen unverstanden, alleine und bedeutungslos zurück.
Symptome einer Depression bei Jugendlichen
Wenn Jugendliche an einer Depression erkranken, dann treten die oben genannten Symptome gehäuft und in einer stärkeren Ausprägung auf, sie wiegen erheblich schwerer und dauern auch länger an – und sehen doch trotzdem häufig noch wie normales Pubertätsverhalten aus …
... Anhaltender Mangel an Energie, Teilnahmslosigkeit und Desinteresse
... Anhaltend schlechte Laune und wenig bis kaum Motivation
... Wenig bis kein Interesse mehr an Freunden, Hobbies und allem, was eigentlich Spaß macht
... Starke und sehr schnell wechselnde Stimmungsschwankungen
... Die meiste Zeit traurig, wütend oder gereizt sein
... Veränderung der Schlaf- und Essgewohnheiten (häufiges frühes Aufwachen und Entwickeln von Essstörungen)
... Unfähigkeit, normale Aufgaben zu erledigen (Schule, Arbeit, Hausarbeit, soziale Kontakte usw.)
... Konzentrationsschwierigkeiten
... Geringes Selbstwertgefühl, Gefühle der Wertlosigkeit, ständige Selbstvorwürfe
... Ungeklärter Pessimismus, Zukunftsängste, Gleichgültigkeit gegenüber negativen Ereignissen
... Verlust des Interesses an normalen Aktivitäten, Beziehungen und Hobbys
... Selbstverletzungen, Gedanken an Tod und Sterben, Selbstmordgedanken
Diagnose und Ursachen
Allgemein kann man sagen, dass die Diagnose einer Depression bei Jugendlichen durch die Ähnlichkeiten von pubertärem Auftreten und der klassischen Depressions-Symptomatik erschwert ist. Oft werden Depressionen dadurch nicht, oder aber zu spät erkannt. Depressionen äußern sich sehr individuell – bei manchen Menschen sind alle Symptome oder einige davon sehr stark ausgeprägt, bei anderen nicht. Häufig versuchen Jugendliche, die an einer Depression leiden, diese zu verbergen. Es ist ihnen peinlich, sie schämen sich und wollen ihre Umwelt häufig nicht belasten. Es lohnt sich daher auf jeden Fall, lieber zwei Mal hinzuschauen und den Teenager in ein Gespräch zu verwickeln, um herauszufinden, wie sie fühlen und ob sie etwas bedrückt.
Die Ursachen von Depressionen sind vielfältig und sehr komplex. Es gibt nicht die eine Ursache, die auf alle Jugendlichen zutreffen würde. Es gibt jedoch Merkmale, die vermehrt mit Depressionen in Verbindung gebracht werden …
... Mobbing, Isolation und andere Formen der sozialen Entfremdung
... Andere, schon vorhandene psychische Erkrankungen (z. B. Ängste, Essstörungen, Lernstörungen, …)
... Genetisch oder durch Umweltfaktoren bedingtes Ungleichgewicht chemischer Botenstoffe (verminderte Ausschüttung von Serotonin und Noradrenalin)
... Psycho-soziale Krisen und belastende Ereignisse (einmalig oder länger andauernd)
... Körperliche, seelische oder sexuelle Traumata – vor allem, wenn sie nicht aufgearbeitet wurden
... Alkohol- oder Drogenmissbrauch
... Ablehnung des eigenen Ich und der sexuellen Identität
... Depression in der Familie
Was kann und muss ich tun?
Depression ist eine Krankheit und keine Verstimmung. Daher ist es am allerwichtigsten abzuklären, ob denn wirklich eine Depression vorliegt.
Ärzte und Therapeuten haben ein gutes Diagnoseverfahren zur Hand, mit dem abgeklärt werden kann, ob eine Depression vorliegt und wie schwer sie ist.
Mit professioneller Hilfe kann man die Krankheit aktiv angehen und behandeln. Eltern spielen eine wichtige Rolle im Leben ihres jugendlichen Kindes.
An Depression Erkrankte brauchen Hilfe, um etwas zu ändern ...
... Sprich regelmäßig mit Deinem Kind – das ist ein Zeichen von Interesse und Anteilnahme am Leben und Empfinden des Jugendlichen.
... Schaffe ein stabiles, offenes, flexibles und vorurteilsfreies Umfeld – dadurch fühlen sie sich sicherer und öffnen sich schneller.
... Sei verständnisvoll, empathisch und biete Dich als Teil der Lösung an.
... Hole Dir professionelle Hilfe – Deine Liebe könnte eventuell nicht dafür ausreichen, die Krankheit zu heilen, ist aber wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil des Prozesses.
Liebe, Fürsorge und die Inanspruchnahme von Diagnose und therapeutischen Maßnahmen sind wichtige Schritte, damit Heilung möglich ist – und sie ist es.
Quellen
Polaris Teen Center, California, USA
McLean Hospital, Harvard Medical School Affiliate, Massachusetts, USA